Die Kirche

Unsere Kirche, die in knapp einjähriger Bauzeit 1954 nach Plänen von Kirchenbaurat Schulz errichtet wurde, stellt sich als schlichtes, einem traditionalistischen Kirchenbau verpflichtendes, verputztes Backsteingebäude dar. Der außen ungegliederte Baukörper über rechteckigem Grundriss mit Satteldach und gerader östlicher Chorpartie, die ein Rundfenster ziert, liegt traufständig zur Schulstraße. Bedingt durch das ansteigende Niveau des Baugrundstückes, hat der östliche Teil der der Kirche ein Untergeschoss mit Gemeinderäumen erhalten, die von der vierachsigen Ostfront her zugänglich sind.

An die westliche Giebelfront angebaut ist ein Turm über quadratischem Grundriss mit Zeltdach und rechteckigen Schallöffnungen im Bereich des Glockenstuhls. Er ist vom Vorraum der Kirche, einem dreiachsigen, mit Rundbogenöffnungen durchfensterten Pultdach gedeckten und den Haupteingang aufnehmenden Vorbau aus zugänglich.

Der Innenraum mit rückwärtiger Orgelempore und segmentbogiger Spanndecke aus 16mm Furnierplatten ist belichtet durch ein hohes Rechteckfenster im Chorbereich der nördlichen Seitenwand und zwei weitere kleinere Rechteckfenster. Eine Falttür an der südlichen Seitenwand trennt den Kirchraum vom angrenzenden Gemeindesaal. Das anschließende Gemeindezentrum ist 1993 nach Plänen des Architekten Hohlwein entstanden.

Die Orgel, ein Instrument der Fa. Herbert Kruse, Lohne, konnte 1962 eingeweiht werden. Das Geläut von drei Bronzeglocken wurde 1955 von der Fa. Rincker, Sinn/Dillkreis gegossen.


Kirchenraum, Ausschnitt aus dem Gesamtgrundriss

Aus: Hörold,D./Joch, W. (Hrsg.), Evangelische Kirchen und Gemeinden der Kirchenkreise Bonn, Bad Godesberg, An Sieg und Rhein, Bonn 1996, 138f.

"Die Evangelischen" in Much nach Ende des 2. Weltkrieges - Aufnahme der aus dem Osten vertriebenen Flüchtlinge

„In Much fand am Heiligen Abend 1945 mit der Christvesper wohl zum ersten Mal seit der Gegenreformation ein evangelischer Gottesdienst statt, der dann in regelmäßigen Abständen von zuerst 14 Tagen, dann all-sonntäglich in einer Klasse der katholischen Volksschule gehalten wurde.“ Diese Eintragung im Lagerbuch der Evangelischen Gemeinde Seelscheid schildert den Beginn evangelischen kirchlichen Lebens in Much nach dem Zweiten Weltkrieg (übrigens sollen elf Personen an diesem ersten Gottesdienst teilgenommen haben). Zwar hatte schon ab 1929 der Seelscheider Pfarrer Weilmann, zu dessen Sprengel Much gehörte, begonnen, evangelischen Religionsunterricht an der katholischen Volksschule Much zu erteilen, „nachdem zwei Knaben aus einer Mischehe durch die Teilnahme am katholischen Religionsunterricht auch zum Messedienst in der katholischen Kirche veranlasst wurden“. Schon als im 2.Weltkrieg die ersten Bombenteppiche auf die Großstädte des Westens fielen, kamen unter den Bombengeschädigten auch etliche evangelische Menschen in den hiesigen Bereich. Aber erst die Bevölkerungsbewegungen nach 1945 ließen im Bereich der Zivilgemeinde Much zwischen den alten evangelischen Kirchengemeinden Drabenderhöhe, Marienberghausen, Ruppichteroth und Seelscheid die Zahl der Evangelischen dauerhaft ansteigen. Der Zustrom war am stärksten noch während des Krieges, als Ausgebombte und Evakuierte aus den westdeutschen Städten Zuflucht im Bergischen Land suchten. Diese kehrten allerdings nach Kriegsende zumeist wieder in ihre Heimat zurück. Erst ab 1946 schwoll dann der Zustrom von Flüchtlingen und Vertriebenen aus dem Osten des ehemaligen Deutschen Reichs an und ließ die Zahlen rasch wieder zunehmen. In den Jahren 1946/1947 lebten zeitweise bis 1400 evangelische Christen in der Gemeinde Much, fast alle waren in jüngster Zeit hierher zugewandert.

Ein Eintrag im Lagerbuch von Seelscheid aus dem Jahre 1946 schildert die Eindrücke: „In diesem Jahr geschah die größte Umwälzung in unserer Gemeinde (Seelscheid und Außenbezirke), die das Bild der Gemeinde in vollem Umfange veränderte: Durch die Vertreibung der Deutschen aus den ehemaligen Ostgebieten ergoß sich der Strom der Flüchtlinge und damit namenloses, bisher noch nie gesehenes Elend in unsere Gemeinde. Schlesier, Pommern, Ost- und Westpreußen kamen aus den Elendslagern ohne jegliche Habe hier an: Heimatloses Strandgut des Krieges. Diese Not verlangte Opfer früher nie gekannten Ausmaßes: Familien wurden in Häusern einquartiert, in denen Generationen lang nur eine Familie wohnte. Die Gemeinde wuchs auf das Drei- bis Vierfache an. Es mussten neue Predigtstätten entstehen, um den Elendsten die Predigt am Sonntag nicht fehlen zu lassen. Und diese Armen nahmen das Wort Gottes dem Prediger so von den Lippen, daß es einen oft beschämen mußte.“ Aber es kam auch noch eine andere Gruppe von Menschen evangelischen Bekenntnisses nach Much: Junge Männer, die als Soldaten hier im Quartier lagen, fanden wieder zu ihren Quartiergebern zurück. Etliche auch, weil sie nach ihrer Entlassung aus der Kriegsgefangenschaft keine Möglichkeit hatten, in ihre Heimat im Osten zurückzukehren. Viele davon heirateten hiesige Mädchen, aber wohl eher aus dem Kreis der Vertriebenen oder dem „evangelischen“ Seelscheid, denn „Mischehen“ waren auch seinerzeit noch sehr selten.

Die Gemeindeverwaltung Much stellte für die sonntäglichen Gottesdienste einen Raum in der Volksschule zur Verfügung, aber da die Menschen damals noch nicht motorisiert waren, kam der Seelscheider Pastor zur Wortverkündung auch in die Nähe ihrer Wohnungen. So wurden aus anfänglichen Bibelstunden bei der Familie Hermann Höffgen in Eigen regelmäßige Gottesdienste, an denen am Sonntagnachmittag etwa 30 Gemeindeglieder teilnahmen. Auch der evangelische Pfarrer von Drabenderhöhe, Pfarrer Müller, kümmerte sich um die Vertriebenen in der Nachbarschaft seiner Gemeinde. Der spätere evangelische Ortspfarrer Sälzer beklagte später in seinen Aufzeichnungen im Lagerbuch der Kirchengemeinde, dass die katholischen Gemeinden in Much nie das Angebot gemacht hätten, wie anderenorts geschehen, eines ihrer katholischen Gotteshäuser für evangelische Gottesdienste mitnutzen zu können.

Mit den aus dem Osten Deutschlands Vertriebenen wurde auch der aus Schlesien stammende Pfarrer Friedrich Stauffer nach Much verschlagen und wohnte hier in dem kleinen Holzhaus bei Berghausen (heute benachbart zum FIT-Hotel - vor der Jugendherberge). Unmittelbar nach seinem Eintreffen wurde er aus eigenem Antrieb als Seelsorger für die Evangelischen unter den „Flüchtlingen“ tätig. 1946 ist er dann von der Landeskirchenleitung unter pfarramtlicher Zuordnung zur Evangelischen Kirchengemeinde Seelscheid als „Hilfsprediger“ für den Bezirk Much eingesetzt worden: Im Rahmen einer „Sammelbewegung“ der evangelischen Kirchen und unter Nutzung seines Motorrades nahm er Kontakt zu den vertriebenen evangelischen Christen in der Region auf. Er suchte die versprengten Familien auf und hielt Gottesdienste ab, zunächst also im „Schülchen“, und als es dort 1946 zu eng wurde, in der Landwirtschaftsschule an der Schulstraße (heute Musikschule), ab Weihnachten 1949 dann im angemieteten Saal der Reichensteiner Mühle sowie ab 1951 zusätzlich in der Volksschule Marienfeld. Etliche besuchten aber auch die evangelischen Gottesdienste in Seelscheid oder Drabenderhöhe, weil der Fußweg nach Much einfach zu weit oder zu beschwerlich war. Als Stauffer im Dezember 1951 Much verließ, waren die Grundlagen für die Gemeinde unter den Heimatvertriebenen gelegt. 

Die Bevölkerung von Much verhielt sich gegenüber den „Flüchtlingen“ reserviert. Einerseits sahen die Mucher sicherlich ein, dass man die gewaltsam Vertriebenen aufnehmen müsse und zeigten im Rahmen ihrer begrenzten Möglichkeiten durchaus Hilfsbereitschaft, andererseits waren die Zwangseinquartierungen ja alles andere als angenehm. Außerdem war die Bevölkerung im Bergischen stets sehr arm gewesen und hatte nach dem Kriege selbst wenig zu essen. Den aus ihrer Heimat Vertriebenen ging es schlecht, aber der armen Bevölkerung in der Region auch nicht viel besser, denn die Böden waren karg, das Klima rau und die Verkehrsverbindungen dürftig. Hinzu kam, dass die Einwohner von Much fast vollständig der katholischen Kirche angehörten, während die Flüchtlinge zumeist evangelisch waren. Natürlich waren den „Müchern“ evangelische Christen nicht unbekannt, denn z.B. in Seelscheid und Drabenderhöhe gab es schon lange evangelische Gemeinden und dort stellten sie sogar die Bevölkerungsmehrheit. Wichtig für alle war allerdings, dass es wieder Frieden gab.

Nicht genug, dass die Menschen unter dem Krieg und den Kriegsfolgen zu leiden hatten. Hinzu kam 1946/47 die Not eines sehr harten Winters: „Ein harter Winter erfüllte auch unsere Gemeinde mit viel Leid, Not, Kälte und Hunger. Die Elendsquartiere sind zum Symbol der Zeitkatastrophe geworden“ (so im Lagerbuch von Seelscheid). Aber angesichts dieser Not wuchs auch die Hilfsbereitschaft vieler Menschen. Der Seelscheider Pfarrer Bonnet schrieb: „Spenden (Kleider, Schuhe und Nahrungsmittel), von ausländischen Christen gegeben, können an die Ärmsten verteilt werden.“ 1947 gab es wie zu Kriegszeiten immer noch Lebensmittelkarten, aber deren Rationen reichten für den Bedarf an Nahrungsmitteln kaum aus. Es blühte der Schwarzmarkt mit Wucherpreisen; die Felder, Häuser und Stallungen mussten vor Diebstahl bewacht werden. Pfarrer Bonnet schrieb 1947: „Mitte des Jahres reißt der Flüchtlingsstrom ab. Ein außergewöhnlich heißer Sommer lässt eine große Dürre entstehen. Die Weiden werden braun gebrannt, die Futterrüben bleiben zurück. Eine Hungersnot droht dem Lande.

Hungrige Menschen aus den Städten kommen jeden Tag in Scharen und bitten um Eßbares, und sei es nur eine Handvoll Kartoffeln oder Fallobst – Viele versuchen ihre Habe gegen Eßwaren einzutauschen.“ Man kann nicht sagen, dass die in Much ansässigen katholischen Christen ihren evangelischen Glaubensbrüdern feindlich gegenüberstanden, aber man hielt doch spürbar Abstand – besonders „Mischehen“ lehnte man ab. Auch bei der Schulausbildung legte man, wohl beiderseits, Wert auf Abgrenzung. In der Mucher Volksschule wurde eine zunächst einklassige evangelische Bekenntnisschule eingerichtet. Aufgrund der wachsenden Schülerzahl wurde diese 1956 auf zwei Klassen erweitert (für die Jahrgangsstufen 1 bis 4 und 5 bis 8) und bekam sogar einen eigenen Schulleiter. Für die beiden Klassen ist dann ein besonderer Anbau am „Schülchen“ in der Schulstraße neu errichtet worden, in dem „die Evangelischen“ ihr eigenes Mobiliar und sogar ihre eigenen Toiletten hatten. Evangelische Kinder außerhalb des Kernortes Much besuchten allerdings häufig die näher gelegenen katholischen Volkschulen, z.B. in Marienfeld, Kreuzkapelle und Wellerscheid – denn es gab seinerzeit noch keine öffentlichen Verkehrsmittel (oder gar Schulbusse), um die Kinder zu einer zentralen Schule zu transportieren. Gymnasiasten waren zumeist auf Schulen in der Kreisstadt Siegburg angewiesen, nur allmählich öffnete das katholische Antoniuskolleg in Neunkirchen seine Tore auch für Schüler evangelischen Glaubens. Erst am Ende der 60er Jahre wurden dann anstelle von Konfessionsschulen Gemeinschaftsschulen eingerichtet.

Offiziell gehörten anfangs die evangelischen Christen in der Zivilgemeinde Much zumeist zur Evangelischen Kirchengemeinde Seelscheid, sie waren auch mit zwei Mitgliedern im dortigen Presbyterium vertreten (Hermann Schneider, dem Leiter des Mucher Postamtes, und Karl Noß, einem ehemaligen Polizisten, der wegen Invalidität vorzeitig pensioniert worden war. Beide waren keine Flüchtlinge: Schneider stammte aus Norddeutschland, wurde nach seiner Militärzeit als „Zwölfender“ von der Post übernommen und nach Much versetzt. Noß stammte aus Drabenderhöhe, wohnte anfangs in Wersch und zog nach dem Tode seiner Frau auf den Bernsauelerberg – er war übrigens auch Ratsmitglied im Mucher Gemeinderat). Im Dezember 1951 verabschiedete sich Flüchtlingspfarrer Stauffer von seiner Mucher Gemeinde, weil er zum Pfarrer der Gemeinde Thallichtenberg in Rheinland-Pfalz (bei Baumholder, Kirchenkreis St. Wendel) gewählt worden war. Diese Veränderung war wohl auch ein Anlass dafür, nunmehr in Much eine eigene Pfarrstelle einzurichten. 

Die Gründung der Evangelischen Kirchengemeinde in Much

Zunächst stand 1949 in Aussicht, eine vom internationalen Evangelischen Hilfswerk gestiftete Notkirche nach Much zu bekommen, eine Holzfertigkirche skandinavischer Bauart, aber seinerzeit gab es noch kein geeignetes Grundstück – und so wurde die sogenannte „Schwedenkirche“ nicht in Much, sondern in Oberpleis errichtet. Die Anzahl evangelischer Christen in Much verringerte sich zwar zunächst wieder – vor allem nach der Währungsreform im Jahre 1948 - nämlich bis Anfang der 50er Jahre auf 900; dennoch entschloss sich die Kirchenleitung, dort zum 1. Februar 1952 ein neues Pfarramt einzurichten. Entscheidend geprägt wurde die Kirchengemeinde Much von ihrem Gründungspfarrer Wilhelm Sälzer (geboren 1914 als Sohn eines Landwirts in Altenkirchen/Westerwald). Sälzer war gerade 25 Jahre alt, als der 2. Weltkrieg ausbrach. Das Erleben des Krieges hat ihn geprägt, aber es brachte ihn nicht von dem Wunsch ab, Pfarrer zu werden. Im Januar 1952 wurde Sälzer in Much ordiniert und in seine neue Gemeinde eingeführt, im Juni desselben Jahres fand die erste Presbyterwahl statt, am 22. Oktober 1954 ist dann die Pfarr-stelle Much offiziell eingerichtet worden. Die Kirchengemeinde Much wurde aus den Evangelischen Gemeinden Drabenderhöhe, Marienberghausen, Ruppichteroth und Seelscheid ausgemeindet; die neue Gemeinde deckte sich in ihrer räumlichen Ausdehnung mit der Zivilgemeinde Much mit Ausnahme der Ortsteile Obermiebach, Niedermiebach, Wellerscheid, Oberbusch, Hündekausen, Leuscherath und Niederbech. Zu diesem Zeitpunkt hatte die politische Gemeinde Much etwa 7000 Einwohner und davon waren 1020 evangelisch.

Sälzer war von seinem Wesen ein typischer Westerwälder: ehrlich und aufrecht, willensstark und aktiv, ja auch dickköpfig und schwer belehrbar, deutlich in seinen Worten, dabei nicht nachtragend, aber auch mit einer gewissen „Schlitzohrigkeit“ ausgestattet. Wohl aufgrund seiner militärischen Vergangenheit hatte er Durchsetzungskraft und ein ausgeprägtes Organisationsvermögen erworben, daneben zeigte er Interesse für Architektur. Alles in allem war er wohl die Optimalbesetzung für eine Pfarrstelle, die über nichts verfügte als über einen festen Kern von Gemeindegliedern - als Diasporagemeinde innerhalb eines streng katholischen Umfeldes, ohne Kirche, Gemeindehaus und soziale Einrichtungen - und all das in einer Zeit wirtschaftlichen Mangels, ja auch mit Not in vielen Familien. Und er war auch jemand, der seiner Zivilgemeinde, dessen Rat und Verwaltung, der Katholischen Kirchengemeinde, ja allen Mucher Bürger klar machen wollte, dass es hier jetzt auch evangelische Christen gab, die man nicht vernachlässigen dürfe. Dass gerade diese Zielvorstellung und deren praktische Umsetzung auf Widerstände stoßen würde, war nicht nur in der Situation, sondern auch aus der Person und dem Charakter des neuen evangelischen Pfarrers heraus bedingt.

Im Herbst 1952 wurde ein Kirchbauverein gegründet. Pfarrer Sälzer forderte nachdrücklich alle Gemeindemitglieder auf, durch Beitritt zu diesem Verein der Kirchenleitung deutlich zu machen, dass der Bau einer eigenen Kirche der Gemeinde ein wichtiges Anliegen war. Zunächst musste aber ein Grundstück zum Bau einer Kirche gefunden werden. Die Familie Rhein, damals einziger Apotheker in Much, bot Anfang 1953 ein Grundstück an, dies war aber aufgrund seiner Lage direkt an der Mucher Hauptstraße in der Nähe des Rathauses, also der Bundesstraße 56, nicht besonders geeignet. Viel Unterstützung erhielt die Evangelische Kirchengemeinde Much vom dem damaligen Gemeindedirektor Josef Bücheler. Dieser stand der Gründung einer evangelischen Gemeinde in Much sehr aufgeschlossen gegenüber und hat deren Entwicklung wesentlich gefördert. So sorgte er dafür, dass die Kirchengemeinde noch im Jahre 1953 vom Landwirt Paul Keppler (der zugleich Inhaber eines Kolonialwarenladens in der Hauptstraße war) zum Bau einer Kirche ein Grundstück gegenüber dem „Schülchen“ an der Schulstraße erwerben konnte. Der Verkäufer erhielt dafür im Tausch ein anderes Grundstück aus Gemeindebesitz. Bücheler orientierte den Rat der Gemeinde erst, als der Kauf perfekt war, und umging so die zu erwartenden Widerstände. Die unvermeidbaren Proteste waren aber bald vergessen, denn man tröstete sich damit, dass die katholische Kirche weiterhin das Zentrum des Dorfes blieb und „die Evangelischen“ ihre Kirche weit außerhalb, seinerzeit fast auf freiem Feld, errichten würden. (Später, nämlich 1964, wurde - ebenfalls von Keppler - der Bauplatz erworben, auf dem heute die Altenwohnungen stehen).

Nun begann sich das Organisationsvermögen des Pfarrer Sälzer auszuwirken und beschränkte sich nicht mehr nur auf die praktische Unterstützung seiner Gemeindeangehörigen, z.B. durch Beschaffung und gerechte Verteilung der von Hilfswerken des Auslandes gespendeten Lebensmittel und Bekleidungsstücke. Er ließ Baupläne zeichnen und bemühte sich bei allen nur denkbaren staatlichen und kirchlichen Stellen um Beiträge zur Finanzierung des Bauvorhabens. Bereits am 8. Juni 1954 konnte mit dem Bau der Kirche begonnen werden und diese wurde nach einer Bauzeit von nicht einmal sechs Monaten am 5. Dezember 1954 in Dienst genommen. Sie war sehr einfach und schlicht gehalten; Altar, Kassettendecke und Bankreihen waren aus lackiertem Sperrholz angefertigt – Sälzer ging mit dem verfügbaren Geld überaus sparsam um. Einziger Schmuck des Kirchenraums war die vom Zimmermann Eduard Sommerhäuser geschnitzte Kanzel, in die bildliche Darstellungen von Mensch, Löwe, Stier und Adler eingearbeitet waren. Der später beiderseits der Altarnische aufgemalte Bibelvers ist kennzeichnend für die unerschrockene und kämpferische Einstellung des Gründungspfarrers einer Diasporagemeinde:

„Das Wort vom Kreuz ist eine Torheit denen, die verloren werden. Uns aber, die wir selig werden, ist es eine Gotteskraft" (1.Kor 1,18).